Am Sonntag geht’s zu RWE[1]Oder heißt es korrekt: zum RWE? Ich lese/höre immer wieder „Nur der RWE“. Anscheinend ist RWE ein Mann und keine Sache. – sicherlich eines der Auswärts-Highlights in unserer ersten von hoffentlich vielen Drittliga-Saisons.
Für mich ist es – auch wenn ich selbst nicht vor Ort sein kann – ein besonderes Spiel. Zum ersten Mal in dieser Saison gehe ich ausschließlich mit Vorfreude in einen Spieltag, weil wir …
a) gut in Form sind (Zwei Siege in Folge gab es noch nie!)
b) durchaus eine Chance haben (Essen ist nicht überragend drauf.[2]Man könnte sagen, sie sind nicht sonderlich heimstark – tatsächlich haben sie zwei Punkte weniger zu Hause geholt als wir. Gleichzeitig sind sie seit neun (!) Heimspielen unbesiegt, konnten … Weiterlesen)
c) nicht unbedingt gewinnen müssen (Selbst bei einer Niederlage stünden wir noch auf einem Nichtabstiegsplatz!)
Das war bislang immer anders. Entweder ging ich angesichts der vorangegangenen Spiele mit einem Bauchgrummeln zum Spiel oder wir hatten den Druck des Gewinnenmüssens – wie vergangenen Samstag, als mir nach dem 5:3 gegen Zwickau ein riesiger Stein vom Herzen fiel.
Ich rede jetzt mal kurz im Konjunktiv: Sollten wir tatsächlich einen dritten Sieg in Folge einfahren und das Spiel in Essen gewinnen, dann stünden wir nur noch einen Punkt hinter RWE und hätten Anschluss ans Mittelfeld und würden uns von den fünf anderen Teams unten drin – zu denen komme ich gleich noch – erst mal verabschieden. Das wäre der Wahnsinn. Und für unmöglich halte ich das angesichts der Leistungsexplosion von so manchem gelb-schwarzen Kicker gar nicht einmal.
Sieben Spiele sind absolviert – ein Fazit
Aber bleiben wir mal auf dem Boden – und beschäftigen wir uns mit dem, was schon feststeht: dem Start ins Fußballjahr 2023. Denn wir haben jetzt sieben Spiele absolviert und damit genug, um ein Fazit zu ziehen. Darüber hinaus ist schon mehr als ein Viertel der Rückrunde absolviert. So schnell geht das!
Wir haben in diesen sieben Partien vier Spiele gewonnen und damit mehr als in den 17 Spielen vor der Winterpause. Wir haben 14 Tore geschossen und damit mehr als in den 17 Spielen vor der Winterpause. Und das haben wir geschafft gegen drei absolute Spitzenteams (Wiesbaden, Freiburg II und Osnabrück), zwei Teams aus dem Mittelfeld (Aue, Ingolstadt) und zwei Kellerkinder (Dortmund II, Zwickau) – durchaus repräsentativ. Die Pflichtaufgaben haben wir gelöst, mit Siegen gegen Osnabrück und Ingolstadt außerdem Punkte geholt, die man nicht unbedingt einplanen konnte.
Nach Aue, das augenscheinlich nun eher zu den Top-Teams denn zu den Sorgenkindern zu zählen ist, haben wir gemeinsam mit Verl von allen Teams ab Platz 10 die meisten Punkte geholt (siehe Grafik).
Das ist mal eine Ansage!
Und dann kommt noch dazu, dass das alles andere als Rumpelfußball war, den wir gezeigt haben. Wir schießen Tore, weil wir uns Chancen erspielen. Viel mehr als im alten Jahr. Und vor allem viel mehr als die anderen Teams im Keller.
Und damit kommen wir zu unseren Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt.
Wer sind unsere Konkurrenten und wie sind sie?
Verl sehe ich zu stabil, auch Duisburg holt sich mit der Eichhörnchen-Taktik seine Zähler. Essen ist zwar mäßig ins neue Jahr gestartet, macht auf mich aber trotzdem einen soliden Eindruck. Viktoria Köln hat sich zwar gefangen, bei denen kann gehe ich aber irgendwie nicht mehr davon aus, dass sie in dieser Saison noch wahnsinnig viel reißen – bei elf Punkten Vorsprung müsste aber schon viel passieren. Bei Aue kann man eigentlich auch kaum noch mit einem Einbruch rechnen.
Bleiben eigentlich nur noch die fünf Teams, die auch aktuell hinter uns stehen. Und die schauen wir uns jetzt mal an.
Dortmund II (aktuell ein Punkt hinter uns) hatte vor drei Spielen ja seinen Trainer (nach Sieg in Ingolstadt) entlassen. Nachfolger Zimmermann startete mit zwei Niederlagen, landete nun aber beim 4:0 gegen Mannheim einen Befreiungsschlag, durch den man sich etwas distanzieren konnte. Die Borussen hatten jetzt aber schon mehrere krasse Schwächephasen in dieser Saison, das kommt vermutlich nicht von Ungefähr. Mal sehen, kann ich schwer einschätzen.
Bei Halle (aktuell vier Punkte hinter uns) schienen zwischenzeitlich schon die Lichter auszugehen, nachdem man erst das direkte Duell gegen Zwickau verlor und nach (!) dem Trainerwechsel mit 1:7 in Dresden untergegangen war. Jetzt ist mit Sreto Ristic ein neuer Mann an der Seitenlinie, der in den ersten beiden Partien mit einem Elfmetertor direkt mal vier Punkte eingesackt hat. Ob das schon die Trendwende war? Mit zwei Auswärtsspielen in Meppen und Verl und dann einem Heimspiel gegen Köln liegen machbare Aufgaben vor den Sachsen-Anhaltinern – gut möglich, dass sie sich in den nächsten Wochen wieder rankämpfen, aber vielleicht – und das hoffe ich natürlich – erlischt das Strohfeuer auch wieder.
Bei Oldenburg braucht man aktuell schon Fantasie, um sich einen Turnaround vorzustellen. Unser Mitaufsteiger hat nur eines der letzten 13 Spiele gewonnen, und zwar den Jahresauftakt in Zwickau – und das lag aber weniger am Können des VfB, sondern mehr am Zwickauer Unvermögen.[3]Das Spiel habe ich gesehen. Wirklich sehr schwere Kost. Oldenburg hat früh das 1:0 gemacht und danach praktisch nur noch verteidigt – und das nicht besonders gut, nur Zwickau hat seine Chancen … Weiterlesen Dazu hat man sich mehrere Routiniers in die Mannschaft geholt wie Stürmer Orhan Ademi (bislang kein Faktor) oder Marc Stendera (zwar ganz gute Ansätze, zuletzt aber mit einer dummen Gelb-Roten Karte), die bislang nicht die erwünschten Verstärkungen darstellen. Trainer Dario Fossi steht in der Kritik, es rumort im Umfeld. Jetzt steht ein Heimspiel gegen Duisburg an, dann geht’s nach Osnabrück und dann zu Hause gegen Dortmund II – wenn man da nicht gewinnt, dann wird’s schon ziemlich schwer.
Der SV Meppen ist irgendwie ganz seltsam. Von allen Teams im Keller haben sie mit nur zehn Niederlagen die wenigsten, allerdings haben sie auch erst ganz, ganz, ganz schwache drei Spiele gewonnen (zwei davon in den ersten drei Saisonspielen). Die restlichen Partien endeten Unentschieden, so auch das Auswärtsspiel in Duisburg (0:0). Und anstatt den Punkt in der Fremde zu feiern, wird im Meppener Umfeld das eher als Beleg für die Liga-Untauglichkeit genutzt. Angesichts der teilweise sehr dürftigen und glücklosen Auftritte zuletzt kein Wunder. Die Partie gegen Halle ist für viele die letzte Chance, um nochmal Morgenluft zu wittern – was angesichts der Tatsache, dass man mit Oldenburg und Zwickau schon zwei direkte Konkurrenten im Rückspiel hatte und man gegen beide – natürlich – nur Unentschieden spielte, auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Und wie auch Oldenburg hat sich der SVM mit dem sichtlich mit Trainingsrückstand kämpfenden Marcos Alvarez einen „Abgehalfterten“ ins Team geholt.
Bleibt noch unser jüngster Gegner Zwickau. Phasenweise haben die ganz ordentlich auf mich gewirkt, auf der anderen Seite ist der Trainerwechsel-Effekt auch schon ein wenig verpufft. Fünf Stück von einem direkten Konkurrenten eingeschenkt zu bekommen, ist schon ziemlich happig. Zwickau war von Anfang an ein Kandidat für den Abstieg, und so spielen sie jetzt auch.
Lange Rede kurzer Sinn
Warum ich mich so intensiv mit den anderen Teams beschäftige? Weil mir damit noch klarer wird, wie gut wir aktuell dastehen. Wir haben jetzt sieben ordentliche Spiele hintelegt, vier davon gewonnen. Wir haben – im Gegensatz zu allen anderen Teams, die hinten drinstehen – nicht das Problem, dass wir im Saisonverlauf immer schlechter wurden (wie zum Beispiel Oldenburg, das zwischenzeitlich im Mittelfeld stand und dann gefühlt an jedem Spieltag einen Platz nach unten gereicht wurde).
Nein, bei uns hat jeder Spieler einen Schritt gemacht, mancher sogar mehrere. Und als Team haben wir uns sowieso weiterentwickelt. Wir mussten keinen Namen verpflichten, an den die Hoffnung auf den Turnaround geknüpft ist.[4]Ja, auch ich habe neidisch bspw. nach Oldenburg geschaut, nachdem die zwei drei „Kracher“ an Land gezogen haben Wir haben die Mannschaft, von der wir spätestens seit diesem Jahr wissen, dass sie funktioniert und Drittligaformat hat, auf einer Position klug verstärkt mit einem Spieler, der sichtlich hungrig ist und das Gefüge nicht gefährdert. Wir haben eine Mannschaft. Und die ist gut.
Und nicht zuletzt haben wir – ohne dass ich mich jetzt mit allen Spielplänen en detail befasst haben – ein vergleichsweise dankbares Restprogramm. Wir sind heimstark und spielen zu Hause fast nur noch gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Darüber hinaus haben wir mit Freiburg, Wiesbaden und Osnabrück drei Top-Teams schon weg.
Die Stimmung bei uns ist super, es ist ein Aufbruch zu verspüren und großer Optimismus, dass wir die Klasse halten – viel, viel mehr als bei den Teams auf den Abstiegsplätzen, die (zumindest wenn man die zugehörigen Fan-Foren liest) schon gefühlt in der Regionalliga angekommen sind.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich bin im Moment extrem positiv. Und deshalb zittere ich dem Spiel in Essen nicht entgegen, so wie ich es vielleicht vor zwei, drei Wochen noch getan hätte, sondern freue mich auf Sonntag – auf den Moment, wenn der Schiedsrichter anpfeift, unsere Jungs das Kommando übernehmen, ein Tor schießen, dann ein zweites, und am Ende einen verdienten 2:0-Auswärtssieg mit nach Bayreuth bringen.[5]Man wird ja wohl noch träumen dürfen.
Oldschdod!
Fußnoten
↑1 | Oder heißt es korrekt: zum RWE? Ich lese/höre immer wieder „Nur der RWE“. Anscheinend ist RWE ein Mann und keine Sache. |
---|---|
↑2 | Man könnte sagen, sie sind nicht sonderlich heimstark – tatsächlich haben sie zwei Punkte weniger zu Hause geholt als wir. Gleichzeitig sind sie seit neun (!) Heimspielen unbesiegt, konnten davon aber auch nur deren drei gewinnen. Egal wie man’s dreht: ein Gegner durchaus auf Augenhöhe. |
↑3 | Das Spiel habe ich gesehen. Wirklich sehr schwere Kost. Oldenburg hat früh das 1:0 gemacht und danach praktisch nur noch verteidigt – und das nicht besonders gut, nur Zwickau hat seine Chancen (unter anderem ein Elfmeter) nicht genutzt. |
↑4 | Ja, auch ich habe neidisch bspw. nach Oldenburg geschaut, nachdem die zwei drei „Kracher“ an Land gezogen haben |
↑5 | Man wird ja wohl noch träumen dürfen. |