Mit einem krachenden 0:6 und der dürftigen Bilanz von nur vier Punkten aus den ersten acht spielen verabschiedete sich die Altstadt im September in die Länderspielpause (zum ersten Teil des Saisonrücblicks). Es war klar: Es muss sich was ändern.
Und tatsächlich gab es einen Aufwärtstrend: drei Partien ohne Niederlage, darunter auch endlich der zweite Saisonsieg in Meppen, sorgten für eine deutlich positivere Stimmung. Aber der Reihe nach.
9. Spieltag: 1:1 in Oldenburg
War das schon ein Schicksalsspiel für Kleine? Klar war, dass es im Duell mit dem Mitaufsteiger auf keinen Fall die siebte Saison-Niederlage geben durfte, man also zum ersten Mal im fünften Anlauf auswärts punkten musste. Das gelang dank eines späten Ziereis-Tores, nachdem Oldenburg im ersten Durchgang verdient in Führung gegangen war.
Fehlentscheidungen? Beim Stand von 1:1 wird uns ein Handelfmeter verwehrt. Ein Kann-Elfmeter aus meiner Sicht, aber definitiv spielentscheidend.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Oldenburg war in der ersten Hälfte besser (weil wir unheimlich schlecht waren), wir dafür in der zweiten Hälfte. Die Entstehung des Ausgleichstores war glücklich, dafür wurde uns danach mal wieder ein Elfmeter verwehrt. Insofern schwanke ich zwischen gerecht und unglücklich. Da wir in der ersten Hälfte aber wirklich richtig schlecht waren – zumindest war ich mega frustriert, weil ich da schon auf eine Reaktion gehofft hatte – stufe ich es als „gerecht“ ein.
Trainer und Mannschaft? Die erhoffte Reaktion auf das Saarbrücken-Debakel kam spät, aber sie kam.
Tabellensituation und Stimmung? Beruhigt war nach dem Spiel wohl keiner, auch weil man in der ersten Hälfte viel zu passiv war.
Und sonst so? Der erste Auswärtspunkt überhaupt in der 3. Liga.
10. Spieltag: 1:1 gegen Dresden
Über 8.000 Zuschauer, natürlich viele aus Dresden. Hätten wir in den Wochen zuvor nicht ganz so schlecht gespielt – der letzte Sieg lag ja schon wieder fünf Spieltage zurück – wären es sicherlich noch mehr geworden. Immerhin stimmt dieses Mal die Leistung: Nach dem frühen 0:1 zeigt unsere Mannschaft einen mutigen Auftritt gegen den Favoriten, gleicht vor der Pause verdient aus und hält das 1:1. Zum ersten Mal in der Saison sind wir zweimal in Folge ungeschlagen.
Fehlentscheidungen? Keine.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Absolut leistungsgerechtes Unentschieden!
Trainer und Mannschaft? Das war die erhoffte Reaktion, auch wenn das frühe 0:1 viel zu einfach fiel. Die spielerische Leistung war nicht überragend, die kämpferische dafür umso mehr.
Tabellensituation und Stimmung? Wir sind zwar Letzter – Timo Rost war am Spieltag zuvor entlassen worden, danach gewinnt Aue mit 3:0 gegen Meppen und zieht aufgrund des Torverhältnisses an uns vorbei -, aber das Remis gegen Dresden macht Hoffnung.
Und sonst so? Die Stimmung im Stadion bzw. im Gästeblock war vor dem Spiel und in der ersten Hälfte bombastisch, in der zweiten Hälfte war dagegen kaum noch etwas zu vernehmen. Erst danach erfahren wir, dass sich die Dresdner währenddessen im Toiletten-Weitwurf übten und sich eine kleine Schlacht mit den Polizisten lieferten. Grässliche Bilder, die durch die Republik gehen.
11. Spieltag: 1:0 in Meppen
Nach zwei Unentschieden in Folge gelingt uns tatsächlich der erste Auswärtssieg! Nollenberger trifft kurz nach der Pause zum 1:0, das bis zum Abpfiff Bestand hat.
Fehlentscheidungen? Beim Stand von 1:0 wird Ziereis‘ Schuss mit dem Arm von der Linie geklärt. Klare Fehlentscheidung, zum Glück nicht spielentscheidend.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Meppen hatte in der ersten Hälfte schon deutlich mehr Chancen und muss eigentlich in Führung gehen – unser Glück, dass der SVM zu dieser Phase offensiv tatsächlich noch harmloser ist als wir selbst. Insofern ist der 1:0-Sieg für uns schon eher glücklich. Hätten wir noch den Ausgleich kassiert (was ja durchaus möglich war, Kolbe sei dank), dann wäre das ein extrem unglückliches Ergebnis gewesen – immerhin hätten wir ja einen Elfmeter bekommen müssen. Viel mehr Chancen hatten wir aber nicht.
Trainer und Mannschaft? Drei Spiele ohne Niederlage, zum zweiten Mal zu Null. Man hat endlich das Gefühl, dass wir angekommen sind in der Liga.
Tabellensituation und Stimmung? Weil wir ein machbares Programm vor der Brust hatten – Heimspiel gegen Verl, auswärts bei schwächelnden Hallensern – war die Stimmung zum ersten Mal seit langem wieder richtig positiv. Der Wind schien sich zu drehen. Aber …
12. Spieltag: 1:3 gegen Verl
… gegen Verl gab es einen richtigen Magenstopfer – und das, obwohl wir eigentlich ein gutes Heimspiel machten. Nach dem frühen Rückstand kann Nollenberger vor der Pause noch ausgleichen, nach dem Seitenwechsel machen unsere Jungs dann richtig Druck. Aber wieder mal gelang kein zweites Tor, stattdessen geht Verl durch einen Sonntagsschuss wieder in Führung und gewinnt am Ende mit 3:1.
Fehlentscheidungen? Keine.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Es war ärgerlich, aber nicht unglücklich. Denn obwohl wir nach dem 1:1 deutlich überlegen waren, so richtig gefährlich wurden wir nie. Verl hat dagegen die Tore gemacht und somit verdient gewonnen.
Trainer und Mannschaft? Dass wir kein zweites Tor nachlegen können, wird mittlerweile richtig dramatisch. Außerdem wird die unsere Abhängigkeit von Nolle offensichtlich: Fünf von mageren acht Toren gehen auf sein Konto, zwei weitere hat er mit vorgelegt. Wir sind offensiv einfach zu schwach.
Tabellensituation und Stimmung? Und natürlich schmerzt die Niederlage auch extrem. Mit einem Sieg hätten wir uns etwas Luft verschaffen können und wären auf einen Nichtabstiegsplatz gesprungen.
Und sonst so? Zum ersten Mal spielten wir sonntags und das vor immerhin knapp 3.700 Zuschauern. Das kann am tollen Wetter gelegen haben, oder aber auch am Vorverkauf für das 1860-Heimspiel zwei Wochen später.
13. Spieltag: 0:3 in Halle
Wieder verloren, und das beim formschwachen HFC. Obwohl wir eigentlich ganz gut in die Partie gekommen sind, liegen wir zur Pause mit 0:2 zurück. Halle springt gefühlt jeder Ball vor die Füße, uns klebt das Pech am Schuh. Am Ende heißt es 0:3.
Fehlentscheidungen? Keine.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Niederlage natürlich gerecht.
Trainer und Mannschaft? Wolfgang Gruber brachte es nach dem Spiel gut auf den Punkt: „Wir waren nicht drei Tore schlechter, sondern drei Tore dümmer.“ Gründe für die Niederlage sind die offensive Harmlosigkeit gepaart mit schülerhaftem Defensivverhalten gegen eine ausgebuffte Truppe. Nach dem Spiel gibt es vereinzelte „Kleine raus“-Rufe aus dem Gästeblock, und ich kann mir auch vorstellen, dass der Trainer zu dem Zeitpunkt angezählt war. Der Wind dreht sich. Schon wieder.
Tabellensituation und Stimmung? Meine Euphorie nach dem Meppen-Spiel war mittlerweile umgeschlagen in blankes Entsetzen. Es war klar, dass wir so die 3. Liga nie und nimmer halten könnten.
Und sonst so? Nach dem Spiel begab ich mich mit drei Kumpels in Richtung Gäste-Parkplatz und wurde da von ein paar Halbstarken angemacht. Einer warf sogar mit einem Stein nach mir. Deren Taktik war wohl, uns so lange zu provozieren, bis wir sie schubsen und sie dann „ernst machen“. Anderen erging es wohl ähnlich. Willkommen im Profi-Fußball.
14. Spieltag: 1:0 gegen 1860
Heimspiel gegen 1860, 12.000 Zuschauer, 1:0 gewonnen. Jann George markiert in der ersten Hälfte das verdiente 1:0, nach der Pause wird leidenschaftlich verteidigt. Eine Sensation gegen den Tabellenzweiten – man konnte zu dem Zeitpunkt ja noch nicht ahnen, dass die Löwen nur eins der nächsten 13 (!) Spiele gewinnen würden.
Fehlentscheidungen? Beim Stand von 0:0 wird uns ein Elfmeter nicht gegeben – nicht spielentscheidend, da wir auch so gewonnen haben. Schiedsricher war übrigens Deniz Aytekin.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Summa summarum war der Sieg in meinen Augen durchaus verdient, das Ergebnis also gerecht. Die Pausenführung ging in Ordnung, und auch wenn Sechzig nach der Pause die eine oder andere Chance auf das 1:1 hatte: Wir hätten das Spiel eigentlich auch entscheiden müssen. Aber wieder mal gelang kein zweites Tor.
Trainer und Mannschaft? Nach der Niederlage gegen Verl und dem desolaten Ergebnis in Halle hat Kleine (womöglich) den Kopf aus der Schlinge ziehen können. Die Leistung gegen die Löwen bot aber auch überhaupt keinen Anlass, über einen Trainerwechsel nachzudenken – im Gegenteil.
Tabellensituation und Stimmung? Ich war hin- und hergerissen. So richtig freuen konnte ich mich nicht über die Überraschung gegen 1860, zu schmerzhaft war die Erinnerung an das Halle-Spiel. Nichtsdestotrotz: Wir hatten zum dritten Mal gewonnen und nur noch einen Punkt Rückstand auf die rettende Zone.
Und sonst so? Tobias Stockinger wird Spieler des Tages in der 3. Liga – was eine Seltenheit ist, wenn man kein Torschütze ist. Mit Eroll Zejnullahu (nach dem 5:3 gegen Zwickau) gelang das noch einem weiteren Altstädter.
15. Spieltag: 1:1 in Duisburg
In Duisburg kann die gute Leistung gegen 1860 bestätigt werden. Nollenberger trifft zur Führung, die bis Mitte der zweiten Hälfte Bestand hat, ehe der MSV ausgleichen kann.
Fehlentscheidungen? Keine.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Gerechtes Ergebnis, auch wenn der Ausgleichstreffer in der Entstehung (mal wieder) ärgerlich und unglücklich war. Aber bei einem Auswärtspunkt kann man sich eigentlich nicht beschweren.
Trainer und Mannschaft? Nach den beiden Niederlagen hat man sich wieder gefangen, außerdem stimmten wieder Einsatz und Leistung – und zwar von der ersten Minute an.
Tabellensituation und Stimmung? Es hat sich wieder gedreht: Jetzt haben wir fünf der letzten sieben Spiele nicht verloren. Ärgerlich in der Rückschau ist natürlich, dass es der letzte Punkt im Jahr 2022 war.
Und sonst so? Das letzte Unentschieden in der gesamten Saison!
16. Spieltag: 0:1 gegen Elversberg
Flutlicht-Premiere in Bayreuth! Mitaufsteiger Elversberg ist zu Gast – und stellt unter Beweis, warum er an der Spitze steht. Die Gäste stehen defensiv sehr sicher und zeigen ein super Kombinationsspiel. Das Spiel bleibt aber trotzdem spannend bis zum Schluss, weil Elversberg nur ein Tor schießt. Trotzdem verlieren wir mit 0:1.
Fehlentscheidungen? Beim Stand von 0:1 wird uns ein Handelfmeter verwehrt. Schon eher ein Muss-Elfmeter, wenn auch schwer zu sehen in Real-Geschwindigkeit. Und spielentscheidend war er obendrein auch noch – zumindest hätten wir mit dem Ausgleich im Rücken ganz anders auftreten können.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Trotz des nicht gegebenen Elfmeters würde ich die Niederlage aber als gerechtfertigt einstufen. Zu überlegen war Elversberg während der 90 Minuten, während wir eigentlich keine echte Torchance hatten.
Trainer und Mannschaft? Der Einsatz stimmte, Elversberg war einfach stärker. Kein Beinbruch.
Tabellensituation und Stimmung? Das Flutlicht überstrahlt im wahrsten Sinne des Wortes die mäßige Tabellensituation – wir sind Vorletzter. Im Gegensatz zu Verl und Halle ist diese Niederlage verkraftbar, weil man gegen den Tabellenführer gespielt hat, der auch gezeigt hat, dass er nicht zu Unrecht da oben steht. Und so schlecht sahen wir da gar nicht aus.
Und sonst so? Schon mehrfach erwähnt, aber: Flutlicht! Zum ersten Mal in fast 50 Jahren Hans-Walter-Wild-Stadion.[1]Ja, lieber Kurier, es hat die Stadt Bayreuth 750.000 Euro gekostet, dass wir gegen Elversberg mit Flutlicht spielen können. Das kann man in der Regionalliga ja auch überhaupt nicht gebrauchen … Weiterlesen Hier habe ich einige Bilder von diesem geschichtsträchtigen Abend gesammelt.
17. Spieltag: 1:2 in Köln
Jahresabschluss in Köln – und im Gegensatz zu Elversberg eine Niederlage die richtig wehtut. Nach guter erster Hälfte trifft Ziereis mit dem Pausenpfiff zum 1:0, doch kurz nach Wiederanpfiff sind wir nach Ampelkarte gegen Zejnullahu zu zehnt. Köln nutzt das mit einem Doppelschlag gnadenlos aus, doch die Mannschaft bleibt willig und hätte das zweite Tor vielleicht so sehr verdient gehabt wie noch nie in dieser Saison – aber es will einfach nicht fallen.
Fehlentscheidungen? Keine – aber leider auch nicht zugunsten der Altstadt. Eine gelbe Karte wegen Ball-Wegschlagens ist dämlich und verdient, wurde aber auch schon mal stecken gelassen – wie vielleicht auch mal die Gelb-Rote für ein klassisches Einen-Schritt-zu-spät-Tackling. Wie gesagt, beschweren durfte man sich keineswegs über den überflüssigen Platzverweis, aber Glück hatten wir da sicherlich auch nicht.
Glücklich, unglücklich, gerecht? Nicht nur deshalb war die Niederlage extrem unglücklich. Nach dem Rückstand hatte man (in Unterzahl (!) eine der stärksten Phasen der Saison und erarbeitete sich mehrere richtig gute Chancen – die aber halt leider allesamt vergeben wurden.
Trainer und Mannschaft? Auch wenn die zweite Niederlage in Folge sehr schmerzte, konnte man Mannschaft und Trainer kaum einen Vorwurf machen. Was klar war: In der Mannschaft steckt Leben.
Tabellensituation und Stimmung? Aber wir waren Letzter. Und zwar für geschlagene zwei Monate.
Fußnoten
↑1 | Ja, lieber Kurier, es hat die Stadt Bayreuth 750.000 Euro gekostet, dass wir gegen Elversberg mit Flutlicht spielen können. Das kann man in der Regionalliga ja auch überhaupt nicht gebrauchen … |
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2 Antworten auf „Saisonrückblick (2): Aufwärtstrend vor der Winterpause“
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„Das letzte Unentschieden in der gesamten Saison!“ (beim Rückblick auf den 15. Spieltag) ist wohl falsch, denn es gab ja am Samstag noch das 3:3 gegen Aue. Ansonsten sehr guter Text.