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2022/23 Texte

Saisonrückblick (1): Holpriger Start und das Pokal-Highlight

Zum Verarbeiten der zurückliegenden Saison gehört für mich dazu, die gesamte Spielzeit noch einmal im Detail Revue passieren zu lassen. Das heißt: sich nochmal mit jedem Spiel beschäftigen, jede einzelne Fehlentscheidung der Schiedsrichter dokumentieren, Wendepunkte identifizieren – um im nächsten Schritt die eine oder andere Frage, die sich nun stellt, wo das Abenteuer „3. Liga“ vorerst vorbei ist, beantworten zu können.

Ich werde also nochmal jedes Spiel zumindest kurz behandeln. Wurden wir benachteiligt oder bevorzugt?[1]Um am Ende sagen zu können: Wurden wir beschissen? War der Ausgang des Spiels für uns glücklich, unglücklich oder genau richtig?[2]Um am Ende sagen zu können: Hatten wir einfach nur Pech, oder war es absolut verdient und gerechtfertigt, dass wir als Letzter absteigen? Wie haben sich Spieler und Trainer angestellt?[3]Um am Ende sagen zu können: Wann hätte man den Trainer entlassen können/sollen/müssen? Wie waren Tabellensituation und Stimmung?[4]Ich habe ja über die gesamte Saison das Stimmungsbarometer gepflegt, trotzdem ist es schön, den einen oder anderen Höhepunkt nochmal zumindest versuchen niederzuschreiben. Warum ist das Spiel sonst noch in Erinnerung geblieben?

Der Rückblick wird in vier Teile geteilt sein. Nach diesem ersten Teil, in dem es neben dem Pokalspiel gegen den um die ersten acht Ligaspiele geht, in denen wir mickrige vier Pünktchen geholt haben (1-1-6), kommt der erste Aufwärtstrend bis zur Winterpause, der Höhenflug von Januar bis März und schließlich – in gebotener Kürze – der tiefe Fall ans Tabellenende.[5]So viel schon einmal vorneweg: Für einen abgeschlagenen letzten war das ein super Saisonverlauf. Lieber habe ich drei Viertel der Saison gute Stimmung und Euphorie und kacke dann ab, als dass … Weiterlesen

Also fangen wir an und drehen die Uhr nochmal ein gutes Jahr zurück. In den Juli 2022, in dem unsere Altstadt nach 32 Jahren zurück im Profifußball war.

Hach ja …

1. Spieltag: 0:1 in Ingolstadt

Saisonauftakt! Knappe Niederlage beim Absteiger aus der zweiten Liga, das Tor des Tages fällt bereits wenige Minuten nach Anpfiff. Ärgerlich, aber ich hatte vorher mit deutlich Schlimmerem gerechnet.

Fehlentscheidungen? Uns wird beim Stand von 0:1 ein Handelfmeter verwehrt – der erste von vielen. Kann-Elfmeter, spielentscheidend.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Eher unglücklich. hatte insgesamt zwar ein Übergewicht, wir aber auch einige richtig gute Chancen – und wenn wir den Elfmeter bekommen hätten, dann hätten wir vermutlich auch einen Punkt mitgenommen und direkt für ein Ausrufezeichen gesorgt, anstatt mit einer Niederlage zu starten.

Trainer und Mannschaft? Gute Leistung gegen den Zweitliga-Absteiger, der bis zur Winterpause auch eine gute Rolle spielte.

Tabellensituation und Stimmung? Niederlage zum Auftakt, aber die Stimmung war sehr optimistisch – immerhin hat die Mannschaft gezeigt, dass sie nicht zu unrecht in der 3. Liga spielt.

Und sonst so? Knapp 400 Fans sind dabei. In der zweiten Saisonhälfte – denn da wurde die Drittliga-Euphorie erst so richtig entfacht – wären es vermutlich doppelt so viele gewesen. Trotzdem lässt es sich sehen und hören!

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DFB-Pokal: 1:3 n.V. gegen Hamburg

Haarscharf vorbeigeschrammt an der Pokalsensation! Bis kurz vor Schluss führten wir gegen den HSV, der in der zweiten Hälfte natürlich drückte und einige richtig dicke Dinger hatte. Doch es dauerte bis kurz vor Schluss, ehe der Zweitligist ausgleichen konnte – und in der Verlängerung sahen wir kein Land mehr, zu erschöpft waren unsere Jungs nach dem aufopferungsvollen Kampf. Aber auch das Spiel gegen den HSV machte Hoffnung auf die Saison in der 3. Liga. Wir können mithalten!

Fehlentscheidungen? Keine.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Aufgrund der Chancen war das Weiterkommen des Favoriten natürlich absolut verdient. Wenn du aber kurz vor Schluss den Ausgleich kassierst – der natürlich verdient war – und vorher selbst die eine oder andere Chance auf das zweite Tor vergeben hattest, dann war es aber zumindest sehr ärgerlich.

Trainer und Mannschaft? Aufopferungsvoller Kampf, die Taktik ging voll auf und führte fast zur Sensation. Kein Anlass zur Sorge.

Eines der schönsten Bilder, die ich bislang geschossen habe.

Tabellensituation und Stimmung? Die Stimmung entsprechend gut – auch wenn natürlich etwas geknickt nach dem späten Knockout.[6]Ich weiß noch genau, wie ich nach knapp 80 Minuten ungläubig meinem Nebenmann gesagt habe, dass nur noch zehn Minuten fehlen zur Riesensensation. Ich war total hippelig. Nach dem Ausgleich war bei … Weiterlesen

Und sonst so? 15.000 Zuschauer im Hans-Walter-Wild-Stadion, ein Fußball-Fest sondergleichen. Ein Tag, den wir nie vergessen werden!

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2. Spieltag: 0:1 gegen Freiburg II

Erstes Heimspiel, in dem wir – wie wir natürlich erst später feststellen sollten – gegen ein absolutes Spitzenteam eine Top-Leistung abliefern, es aber verpassen, uns zu belohnen. schlägt kurz vor Schluss zu, nachdem vorher eigentlich nur wir Chancen hatten. Und selbst nach dem Gegentor haben wir durch Lippert noch eine dicke Möglichkeit. So gibt‘s die zweite Niederlage im zweiten Spiel.

Fehlentscheidungen? Beim Stand von 0:0 wird Bene Kirsch beim Kopfballversuch von hinten umgecheckt – kein Elfmeter. Kann-Elfmeter, spielentscheidend.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Sehr unglücklich. Wir bekommen wieder keinen Elfmeter, haben die besseren Chancen und verlieren durch ein Gegentor kurz vor Schluss.

Trainer und Mannschaft? Eigentlich wieder eine gute Leistung, aber es deutet sich schon an, dass wir ein Abschlussproblem haben.

Tabellensituation und Stimmung? Nach dem Spiel dachten wir uns: „So einen Gegner müssen wir schlagen!“ Das stimmte zwar im Hinblick auf die vorangegangenen 90 Minuten – doch hätten wir gewusst, dass Freiburg am Ende auf Platz 2 landet, dann wären wir wohl davon ausgegangen, dass wir die Klasse halten werden. Hätten wir vermutlich auch, wenn wir unsere Chancen genutzt und auch mal den einen oder anderen Elfmeter bekommen hätten. Insofern durchaus sinnbildlich.

Das war die Szene vor dem möglichen Elfmeter – der Verteidiger gab Bene einen ordentlichen Stoß, sodass er nicht zum Kopfball kam.

Und sonst so? Die niedrigste Zuschauerzahl der gesamten Saison. Meine Theorie: Für den gemeinen Bayreuther war das HSV-Spiel der Saisonauftakt, Freiburg II dementsprechend nicht das „Wir sind im Profifußball“-Heimspiel-Highlight. Doch auch weil wir Top-Wetter hatten (anders als bei den allermeisten Heimspielen), war die Zuschauerzahl schon sehr enttäuschend. Aber der Rasen muss halt auch mal gemäht werden …

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3. Spieltag: 1:4 in Wiesbaden

Drittes Spiel, dritte Niederlage. Absolut verdient, wobei es wieder gegen ein Top-Team ging.

Fehlentscheidungen? Keine.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Absolut gerechtes Ergebnis.

Trainer und Mannschaft? Bekamen klar die Grenzen aufgezeigt von der spielerisch vielleicht besten Mannschaft der Liga. Aber das war keine Schande, dort zu verlieren.

Tabellensituation und Stimmung? Bei null Punkten aus drei Spielen wurde man natürlich etwas nervös.

Und sonst so? Immerhin gelang das erste Tor in der 3. Liga: Daniel Steininger traf zum zwischenzeitlichen 1:2. Kurz darauf fiel jedoch das dritte Gegentor, und die Messe war gelesen.

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4. Spieltag: 1:0 gegen Osnabrück

Der erste Sieg in der 3. Liga! Nollenberger, der in den Spielen zuvor einige Chancen hatte liegen lassen, trifft in der Schlussphase zum erlösenden 1:0. Tesche trifft kurz darauf noch den Pfosten – wäre der Ball reingegangen, dann hätte es deutlich früher ungemütlich werden können.

Fehlentscheidungen? In der ersten Hälfte wird Nollenberger, der freie Schussbahn gehabt hätte, umgecheckt (klare Fehlentscheidung), in der zweiten Hälfte Maderer auf dem Weg zum Tor ungegrätscht (Kann-Elfmeter). Elfmeter gibt es in beiden Szenen nicht. Beide Szenen zum Glück nicht spielentscheidend.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Vielleicht nicht souverän, aber nicht unverdient – insofern durchaus gerecht. Osnabrück hatte zwar gute Chancen auf die Führung und später den Ausgleich, aber die hatten wir auch. Und Elfmeter hätten wir ja auch noch bekommen müssen.

Trainer und Mannschaft? Toller Kampf und tolle Leistung gegen ein – wie wir heute wissen – Top-Team der Liga. Erster Sieg. Alles richtig gemacht.

Tabellensituation und Stimmung? Erster Sieg, über dem Strich. Stimmung sehr gut, zumal das schwere Programm zum Auftakt erst mal geschafft ist

Und sonst so? Osnabrücks Trainer Daniel Scherning wechselt im Anschluss an das Spiel in die 2. Liga nach Bielefeld (wo er später entlassen wird). Zwei Wochen später wird Tobias Schweinsteiger VfL-Trainer, der es im Rückspiel aber auch nicht schafft, die Altstadt zu schlagen.

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5. Spieltag: 0:2 in Zwickau

Auswärts in Zwickau, das durch zwei frühe Tore auf die Siegerstraße kommt. Unsere Mannschaft müht sich, kommt in der zweiten Hälfte aber nicht mehr zurück – denn wieder gibt es zu wenig Gefahr nach vorne.

Fehlentscheidungen? Beim Stand von 0:2 – aber inmitten unserer besten Phase – wird Dennis Lippert mit Rot vom Platz gestellt. Krasse Fehlentscheidung, aber wohl nicht spielentscheidend.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Gerechtes Ergebnis. Zwickau ist einfach cleverer an dem Tag.

Trainer und Mannschaft? Die ersten Zweifel werden laut, weil man im dritten Auswärtsspiel zum dritten Mal früh in Rückstand gerät und offensiv wieder nicht überzeugen kann. Wir sind zu ängstlich, lautet der allgemeine Tenor.

Tabellensituation und Stimmung? Die Chance war da, sich nach dem Osnabrück-Spiel etwas Luft zu verschaffen. Aber nach dem 0:2 beim direkten Konkurrenten wird klar, dass das eine ganz lange und ganz schwere Saison wird.

Und sonst so? Es war das erste Pflichtspiel in den neuen Bundesländern – und mein erstes Auswärtsspiel.

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6. Spieltag: 1:1 gegen Essen

Uns gelingt ein Traumstart – frühes 1:0 durch Ziereis -, danach scheitert Nollenberger zweimal am Aluminium. Nach der Pause ist besser, gleicht aus und hat mehrere Chancen auf das zweite Tor. Am Ende heißt es zum ersten Mal: unentschieden!

Fehlentscheidungen? Keine.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Das 1:1 ist insgesamt leistungsgerecht.

Trainer und Mannschaft? Diesmal gelingt der Start ins Spiel, aber dass wir das zweite Tor nicht nachlegen, wurmt schon gewaltig, auch weil man in der zweiten Hälfte zu passiv auftritt. Es geht aber schon in die richtige Richtung.

Tabellensituation und Stimmung? Ich war trotzdem frustriert, denn so ein Spiel hätten wir halt mal „ziehen“ müssen, zumal Essen zu dem Zeitpunkt in der Tabelle sogar hinter uns stand.

Und sonst so? Das erste von drei Unentschieden aus den nächsten fünf Partien. Danach gab es in der gesamten Saison nur noch ein einziges Remis. Schlechtes Heimspiel-Wetter (1).

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7. Spieltag: 1:2 in Mannheim

Wir gehen wieder in Führung, doch kann postwendend ausgleichen. Das 1:1 können wir bis in die Schlussphase halten, ehe der Waldhof noch ein Ding über die Linie stochert.

Fehlentscheidungen? Keine, zumindest laut Rafati-Ranking. Dass Bene Kirsch vor dem 1:1 umgestoßen wird, sollte aber trotzdem erwähnt werden.

Glücklich, unglücklich, gerecht? In der Entstehung natürlich unglücklich, aber gemessen an den Chancen schon okay.

Trainer und Mannschaft? Die Leistung war vollkommen okay. Halt trotzdem im vierten Auswärtsspiel wieder verloren.

Tabellensituation und Stimmung? Vier Punkte aus sieben Spielen. Aber drei andere Teams sind mindestens genauso schlecht gestartet.

Und sonst so? Aue mit Trainer Timo Rost ist auch nach sieben Spielen sieglos, nach der 1:2-Niederlage in Essen bekommt man von RWE direkt die Rote Laterne überreicht.

8. Spieltag: 0:6 gegen Saarbrücken

Ein gebrauchter Tag für unsere Altstadt, von vorne bis hinten. In der Anfangsphase gab es eine gute Möglichkeit durch einen Distanzschuss, der knapp über die Latte streicht, aber danach lädt man sechsmal zum Toreschießen ein. Blamage!

Fehlentscheidungen? Keine. Hätten vermutlich auch nichts am Ausgang geändert.

Glücklich, unglücklich, gerecht? Natürlich gerechte Niederlage, aber am Ende doch etwas zu hoch – zumal wir in der zweiten Hälfte noch einige Chancen haben, das Ding aber nicht im Tor unterbringen (ach was).

Trainer und Mannschaft? Es knistert, zumal wir wenige Tage zuvor in Würzburg aus dem Pokal ausgeschieden sind. Es ist offensichtlich, dass die Mannschaft verunsichert ist – anders kann man sich die Aktionen, bei denen man sich den Ball teilweise selbst ins Tor haut, nicht erklären. Sicherlich hätte der eine oder andere hier schon gerne reagiert und den Trainer entlassen, die Verantwortlichen haben aber Ruhe bewahrt und auf die anstehende Länderspielpause gehofft.

Tabellensituation und Stimmung? Mit einer Bilanz von 1-1-6 konnte man nach dem Saarbrücken-Spiel definitiv von einem Fehlstart sprechen. Letzter war aber immer noch Aue.

Und sonst so? Höchste Niederlage der Saison. Schlechtes Heimspiel-Wetter (2).

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Fußnoten

Fußnoten
1 Um am Ende sagen zu können: Wurden wir beschissen?
2 Um am Ende sagen zu können: Hatten wir einfach nur Pech, oder war es absolut verdient und gerechtfertigt, dass wir als Letzter absteigen?
3 Um am Ende sagen zu können: Wann hätte man den Trainer entlassen können/sollen/müssen?
4 Ich habe ja über die gesamte Saison das Stimmungsbarometer gepflegt, trotzdem ist es schön, den einen oder anderen Höhepunkt nochmal zumindest versuchen niederzuschreiben.
5 So viel schon einmal vorneweg: Für einen abgeschlagenen letzten war das ein super Saisonverlauf. Lieber habe ich drei Viertel der Saison gute Stimmung und Euphorie und kacke dann ab, als dass ergebnistechnisch Teil 3 und 4 gedreht gewesen wären und wir mit einer Niederlagenserie aus der Pause zu kommen, um am Ende, wenn man Zuschauer und Euphorie schon verloren hat, halt noch ein paar Spiele gewinnt.
6 Ich weiß noch genau, wie ich nach knapp 80 Minuten ungläubig meinem Nebenmann gesagt habe, dass nur noch zehn Minuten fehlen zur Riesensensation. Ich war total hippelig. Nach dem Ausgleich war bei mir die Luft raus – ich wusste: Das war es jetzt.